Erneute Aussetzung von 250 Europäischen Stören im Rhein
Am 16. August 2024 findet eine weitere Aussetzung von Europäischen Stören (Acipenser sturio) im Rhein statt. Diese Fischart – einst ein vertrauter Anblick in unseren großen Flüssen – wurde 1953 in den Niederlanden offiziell für ausgestorben erklärt. Durch die Zucht von Nachkommen der letzten wilden Störe in Frankreich und Deutschland ist es nun möglich, diese Fische wieder im Rhein auszusetzen und so zu untersuchen, was für eine dauerhafte Rückkehr der Art notwendig ist.
Der Stör ist ein riesiger Fisch, der mehr als 3 Meter lang werden kann und dann rund 150 kg wiegt. Mit Knochenplatten anstelle von Schuppen und einem spitzen Kopf mit Bartfäden rund um das Maul wirkt das Tier wie ein urzeitliches Wesen – und tatsächlich: Störe kamen in unseren Gewässern mehrere Dutzend Millionen Jahre lang vor. Derzeit gibt es schätzungsweise weniger als 1.000 ausgewachsene Exemplare dieser prähistorischen Fischart in freier Wildbahn.
Ursache des Aussterbens: der Mensch
Schuld am Aussterben des Europäischen Störs, des einst größten Wanderfisches der Niederlande, sind größtenteils menschliche Aktivitäten wie Überfischung, intensive Schifffahrt, Kanalisierung und Umweltverschmutzung. Zudem hat der Bau von Dämmen und Schleusen den freien Durchgang vom Meer zum Fluss (und umgekehrt) für den Stör blockiert. Störe verbringen den größten Teil ihres Lebens im Meer, paaren sich aber in großen Flüssen, wo die Jungtiere heranwachsen, bis sie seetüchtig sind.
Die Wiederherstellung und Erhaltung von frei fließenden Flüssen ist nicht nur für das Fortbestehen des Störs wichtig, sondern auch für andere Wanderfische und für den Erhalt der Flussnatur. Ist die Verbindung zwischen Meer und Fluss für den großen Stör in Ordnung, können auch kleinere Wanderfische die notwendige Reise zwischen Süß- und Salzwasser gut bewältigen. Man denke an Lachs, Aal, Maifisch, Schnäpel und Stichling.
Wiederansiedlungsprogramm und Voraussetzungen für einen Erfolg
Seit dem Jahr 2004 arbeiten ARK Rewilding Niederlande, der World Wildlife Fund (WWF-NL) und Sportvisserij Nederland gemeinsam an der Wiederansiedlung des Störs. Seit 2023 ist das Störprogramm Teil des Interreg-Programms „De Rijn verbindt/Der Rhein verbindet“.
Vorherige Aussetzungen von gezüchteten Stören fanden 2012 und 2015 im Rhein und 2023 im Biesbosch statt. Ihre Sender zeigten, dass ein Teil der Störe über den Hafen von Rotterdam in die Nordsee gelangt sind. Manchmal fangen Nordseefischer Störe, die sie dann wieder zurücksetzen. Meldungen von Störfängen geben wichtige Informationen darüber, wie es diesen Tieren geht.
In diesem Jahr werden abermals junge Störe in Millingerwaard (Gelderland) ausgesetzt. Die Wahl dieses Ortes gestattet Vergleiche mit früheren Aussetzungen. Die kleinen Störe (anderthalb Jahre alt, etwa 30 cm lang und 100 Gramm schwer) sind mit speziellen Identifikations-Chips, Ortungssendern und Raubmarkern versehen. Diese werden bald wertvolle Daten über ihre Überlebenschancen, ihre Wanderrouten und ihre Rückkehr in den Rhein zur Fortpflanzung liefern. Diese Informationen sind entscheidend für die Feststellung, ob die Wiederansiedlung des Europäischen Störs im großen Maßstab machbar ist, und wenn ja, welches die beste Vorgehensweise ist.
Herausforderungen und Zukunftsaussichten
Trotz aller Anstrengungen bleibt die Zukunft des Störs ungewiss. Die Zahl der verfügbaren Zuchtstöre ist begrenzt. Eine Ausweitung der Zuchtkapazitäten, vorzugsweise entlang des Rheins, ist darum ein Muss. Für eine erfolgreiche Rückkehr des Störs müssen außerdem mehrere ökologische Voraussetzungen erfüllt sein. Unter anderem sind das:
- freier Durchgang zwischen Meer und Fluss, frei durchschwimmbar für Fische
- natürliche Flussströmung und saubere Kiesbetten für die Fortpflanzung
- genug Nahrung und geeignete Lebensbedingungen für Jungstöre
- sichere Bedingungen für Fische im Fluss, einschließlich Schutz vor Schiffsschrauben und sichere Passagen an Wehren, Schleusen und Wasserkraftwerken
- eine gesunde Brackwasserzone als Übergang zwischen Süß- und Salzwasser
Einzelheiten des Events
Am 16. August 2024 wird ein Teil der 250 Störe in Anwesenheit von Würdenträgern aus Nordrhein-Westfalen und den Niederlanden ausgesetzt. Eine Kindergruppe – Ranger des WWF – hilft beim Aussetzen der Störe. Die Aussetzung findet in Nähe des Teegartens in Millingen aan de Rijn statt.